Neues aus Berlin!
In unserem Artikel Vaatz bleibt dran Anfang Februar hatten wir etwas augenzwinkernd dargestellt, dass wir noch im März eine „Änderungsverordnung zur Außerkraftsetzungsverordnung der Änderungsverordnung zur Verordnung“ erwarten. Vielleicht liest man in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hier auf unserer Seite zu Inspirationszwecken mit. Denn jetzt liegt sie uns vor, die neue Verordnung vom 10.03.2014 mit der wie immer überraschend schlichten und unbürokratischen Bezeichnung
Erste Verordnung zur Änderung der Gemeinsamen Verordnung zur vorübergehenden Abweichung von der Binnenschiffsuntersuchungsordnung und von der Binnenschifferpatentverordnung
Allerdings fällt sofort auf: Im Bundesgesetzblatt vom 14.03.2014 wurde sie noch nicht verkündet.
Bundesverkehrsministerium weiß noch nichts!
Wir hatten das Ministerium Ende Februar übrigens schriftlich auf das Auslaufen der für uns so wichtigen Übergangsregelung hingewiesen. Mit gestriger Post (Eingang 20.03.2014) erreichte uns ein auf den 14.03.2014 datiertes Schreiben des zuständigen Staatssekretärs im Verkehrsministerium. Demnach befindet sich die Verlängerung der Regelung derzeit noch in der Umsetzung.
Wie kann uns die neue Verordnung dann schon vorliegen?
Heißt das etwa, dass die Hausleitung des Ministeriums über den Sachstand auf Arbeitsebene nicht oder schlecht informiert ist? Ok, es mag eine terminliche Überschneidung sein, es ist aber irgendwie auch Sinnbild des immer lästigeren Eigenlebens der nachgelagerten Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Diese macht mit der Präzision eines Elefanten im Porzellanladen was sie will, informiert ausschließlich die eigenen Leute, und nimmt dabei in Kauf, dass sowohl eigene Hausleitung als auch die politische Ebene zuweilen etwas, vorsichtig ausgedrückt, uninformiert daher kommen.
Denn dass die WSV eine neue, unterzeichnete Verordnung quer durchs ganze Land verteilt, die noch nicht einmal im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, während das zuständige Ministerium über deren Existenz noch nicht einmal Kenntnis haben möchte, wirft natürlich Fragen auf.
Vier Seiten für einen Satz
Grund genug, die vorliegende Verordnung einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen. Hat man sich durch zwei einleitende Seiten Formalien gekämpft, wird man auf Seite 3 der Verordnung mit dem einzigen Satz des Papiers belohnt, der inhaltlich etwas zur Sache beiträgt:
Na, war das jetzt so schwer, dass man dafür Monate brauchte? Abschließend finden sich noch, und auch das ist bezeichnend für die Bürokratie in unserem Land, die Unterschriften der sieben Außenstellen der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (Nord, Nordwest, Mitte, West, Südwest, Süd und Ost). Allerdings werden diese Außenstellen offenbar alle von ein und derselben Person geführt, denn die Unterschrift ist siebenmal dieselbe…
Muss man erst mal hinbekommen: Eine von zwei Zahlen vergessen!
Langsam wagt man allerdings auch öffentlich, die Fachkompetenz der WSV zu hinterfragen, wenn diese allen Ernstes mehrere Monate braucht, um in einem Verordnungstext zweimal die gleiche Zahl zu ersetzen und dabei auch noch eine davon vergisst.
Zwar wird, wie oben dargestellt, „in §3 … die Angabe 31.März 2014 durch die Angabe 31.März 2015 ersetzt“. Schön, in §3 also. Aber was ist mit Anlage 1? Soll dort etwa die Angabe „31.März 2014“ stehen bleiben?
Wenn der Amtsschimmel das Wort „Flossfahrt“ wiehert
In Anlage 1 ist nämlich auch nach Berücksichtigung der aktuellen Überarbeitung dann zu lesen:
„Bis zu einer Neuregelung der Fahrgastbeförderung mit Sportbooten darf abweichend von Absatz 1 ein Sondertransport, der am 31. Dezember 2012 über eine Erlaubnis nach § 1.21 Absatz 2 der Schifffahrtspolizeilichen Vorschriften nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a bis d verfügt, auf der Grundlage der in der Erlaubnis getroffenen Festlegungen… Fahrgäste befördern. … Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 kann eine abgelaufene Genehmigung bis zum Ablauf des 31. März 2014 verlängert werden.“
Dieser hier hochkomplex umschriebene Vorgang wird außerhalb der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung übrigens umgangssprachlich als Flossfahrt bezeichnet. Ha, darauf wären sie nicht gekommen, stimmt´s?
Offenbar hat man in der WSV mal wieder die eigenen verschwurbelten Texte nicht zu Ende gelesen und die lieben Kollegen Flossfahrer erneut aus Versehen vergessen.
Dennoch ist man in der Bonner Behörde vom Ergebnis des eigenen Fleißes wohl derart berauscht, dass man schon mal munter der Rolle des Bundesanzeigers vorgreift und den einen über Monate gereiften Satz, gut vergraben in vier Seiten Formalien, mal eben selbst unters Volk bringt.
Die wenig präzise Aussage des Ministeriums, dass sich die Überarbeitung noch in der Umsetzung befindet, könnte aber darauf hindeuten, dass man die Zuarbeit der WSV im Ministerium ebenfalss etwas gründlicher gelesen hat. Dabei dürfte aufgefallen sein, dass es mit der Änderung einer einzigen Zahl in der Verordnung eigentlich nicht getan sein kann. Also, liebe WSV, zurück ans Reißbrett!
Damit es nicht wieder Monate dauert…
Dort wird man sich schon wieder die Haare raufen, wie man eine solch komplexe Anforderung nun auch noch unter Zeitdruck fachgerecht umsetzen soll!? Na, da helfen wir doch gerne. Hier für euch der vergessene Text. Einfach cut & paste, und dann ab zur Unterschrift ins Ministerium! Wir warten!
„In Anhang 1 (zu §1), Ziffer II., letzter Satz der Gemeinsamen Verordnung zur vorübergehenden Abweichung von der Binnenschiffsuntersuchungsordnung und der Binnenschifferpatentverordnung (BAnz AT 31.07.2013 VI) wird die Angabe „31. März 2014“ durch die Angabe „31. März 2015″ ersetzt.“
War auch nicht schwer. Anderenfalls freuen wir uns schon jetzt auf die „Weitere Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung der Gemeinsamen…“ – naja, Sie wissen schon.
Begeisterung bleibt aus
Wie erwartet kann es also erst mal weitergehen. Euphorie sollte sich trotzdem nicht ausbreiten. Die juristische Hängepartie um unser Gewerbe zieht sich nun schon über ein Jahr hin. Es wurde zwar eine Übergangsregel geschaffen, die es uns erlaubt, legal weiter zu arbeiten. Allerdings sind sämtliche Erweiterungsinvestitionen untersagt, der Fahrzeugbestand der betroffenen Flotten eingefroren. Eine langfristige Planung oder gar Erweiterung des Geschäftsbetriebes ist somit unmöglich.
Wir bleiben in jedem Fall dran!
In diesem Sinne: Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!